Sprachen und Schriften

Ein Ell meazalauna: zweisprachiger Eintrag in einer Preisliste aus Bergün von 1662
Ein Ell meazalauna ...: zweisprachiger Eintrag in einer Preisliste aus Bergün, 1662

Mehrsprachigkeit im 17. Jahrhundert

Wie das heutige Graubünden waren auch die Drei Bünde ein mehrsprachiges Gemeinwesen. Zu den romanischen, italienischen und deutschen Dialekten kamen die Sprachen der durchreisenden Kaufleute und die der Einheimischen, die bei einem Kriegseinsatz oder als Magd im Ausland eine Fremdsprache erlernt hatten. Viele Menschen beherrschten mehrere Sprachen.

Die Figuren in «Bergünerstein» hätten in ihrem Alltag Walserdeutsch, Schwäbisch, Bündnerdeutsch, Bergüner und Engadiner Romanisch sowie Italienisch gesprochen. Geschrieben hätten sie in allen diesen Sprachen sowie auf Frühneuhochdeutsch und in frühneuzeitlichem Gelehrtenlatein.

Handschriften

handschriftlicher Text auf Deutsch in Kurrentschrift
Cilgia von Salis (1566–1591): deutsche Handschrift

Im Graubünden des 17. Jahrhunderts beherrschten gebildete Männer und Frauen zwei Handschriften: die deutsche Kurrentschrift für Deutsch und die lateinische Schrift für alle anderen Sprachen. Personen mit elementarer Schulbildung konnten die Schrift lesen, die zu ihrer Sprache gehörte; teilweise konnten sie diese auch schreiben. Daneben gab es viele Menschen, die gar nicht schreiben und nur rudimentär – oder gar nicht – lesen konnten.

handschriftlicher Text auf Romanisch in romanischer Schrift
Cilgia von Salis (1566–1591): romanische Handschrift

«Secretary Hand»

In Band II tritt der holländische Kupferstecher Floris van Monsju auf. Sein Heft mit Zeichnungen macht ihn verdächtig: Ist er etwa ein französischer Spion? Eher nicht, sagt Cla von Jochberg, denn seinen Namen hat Floris in einer Schrift geschrieben, die an die deutsche Kurrentschrift erinnert. Gemeint ist die sogenannte Secretary Hand – eine Schrift, die der Kurrentschrift gleicht und unter anderem in England und den Niederlanden verwendet wurde.

handschriftlicher Text auf Romanisch in "secretary hand"
Secretary Hand: das Testament von William Shakespeare (1616)

Die Sprachen im Roman

«Bergünerstein» wurde für die Leserinnen und Leser des 21. Jahrhunderts geschrieben. Daher werden die Dialoge und Gedanken der Figuren in modernem Standarddeutsch wiedergegeben. Wenn möglich wurden Ausdrücke verwendet, die im 17. Jahrhundert bereits gebräuchlich waren.

Einzelne Ausdrücke wurden in den Sprachen und Dialekten der Figuren belassen, werden aber erklärt. Die romanischen Dialekte Bergüns und des Engadins werden hierbei ebenfalls in ihrer modernen Form dargestellt.

 

Bildnachweis

Offizielle Tarifliste für das Jahr 1662–1663, Bergün, 1662. GA Bergün, C15, S. 153r
Cilgia von Salis, romanische Handschrift: StAGR D II a 25, 6. Juni 1591
Cilgia von Salis, deutsche Handschrift: StAGR, D II a 25, 17. September 1591

 

Online

Wortauskunftssystem zur Deutschen Sprache
Frühneuhochdeutsches Wörterbuch
Schweizerisches Idiotikon
Pledari Grond: Rätoromanische Wörterbücher
Bargunseñer Interactiv: Bergüner Romanisch
Deutsche Kurrentschrift (Lehrgang)
ad fontes: Einführung in die Transkription von Quellen (Universität Zürich)

 

Literatur

Cloetta, Zon Zanett: Igl pled da Brauegn. Brauegn, 2011
Nicolay, Pol Clo; Nicolay, Marco: Vocabulari a mañ digl cuedasch digl Zon Zanett Cloetta. Brauegn, 2013.
Lutta, C.Martin: Der Dialekt von Bergün. Halle/Saale, 1923

Zur Lesekompetenz in der Frühen Neuzeit: te Hesen, Kerstin: Das illustrierte Flugblatt als Wissensmedium der Frühen Neuzeit. Bochum, 2009, S. 36ff. Online hier abrufbar.